Helmut KuHN, Autor und Schachboxer
„Boxen und Schachspielen passen ausgezeichnet zusammen, denn so lernt man, sich intelligent durchzuschlagen“. Das findet jedenfalls der Schriftsteller Helmut Kuhn, u.a. Autor des Buches „Gehwegschäden“. Beim Literarischen Spaziergang mit ihm, anlässlich des Festivals „Read! Berlin!“, führt er seine Zuhörer zu einem versteckten Fenster mit Blick auf einen leeren Boxring. Hier, in der Gormannstraße 13, ganz in der Nähe des Ausgehviertels der Hackeschen Höfe trifft sich wochentags der Verein „Chess Boxing Berlin“, die Urzelle der inzwischen weltweit vertretenen Schachboxer Clubs.
Und es ist der Kiez, in dem der Autor Helmut Kuhn lebt und trainiert. Er tänzelt mit den Beinen, schwingt die muskulösen Arme und hebt die Fäuste. Dann streicht er sich lächelnd die Haarsträhne aus dem Gesicht. Eigentlich ist er heute zum Lesen gekommen. „Gehwegschäden“ lautet der Titel seines in Collagetechnik geschriebenen Berlin Romans. Das Buch spielt in der Zeit, als die riesige, ehemalige SED- Verwaltungzentrale an der Torstraße 1 von Londoner Investoren in ein hippes Club Hotel mit Restaurants und SPA Bereich, das Soho Haus, umfunktioniert wurde. „Heuschrecken von der schlimmsten Sorte“, nennt der Romanheld die neuen Besitzer. „Das Haus hat immer denen gehört, die das Sagen hatten in Deutschland, (…) und die, die das Sagen haben, kann Frantz nicht leiden. Die sind ihm suspekt, (…). Die grenzen ihn aus. Die machen ihn wütend.“ Thomas Frantz, die Hauptfigur, ist Journalist und Schachboxer. Er heißt nicht zufällig so, denn der Autor bewundert Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz, Die Geschichte vom Franz Biberkopf“. Beiden Figuren gemeinsam ist die finanziell schwierige Lage, in der sie sich durch den Großstadtdschungel Berlin kämpfen müssen.
Sich behaupten zu müssen, kennt auch Helmut Kuhn als freier Journalist. Trotz Talent und biografischen Highlights. Er volontierte nach dem Geschichte und Publizistik Studium in New York bei der deutsch-jüdischen Zeitschrift Aufbau. Ging wieder nach Berlin und schreibt für die Süddeutsche Zeitung, die Neue Zürcher Zeitung und Die Zeit. Seit den Streichungen von Geldern in den Zeitungsverlagen breitet sich aber nicht nur in Berlin das „Medienprekariat“ aus, Fachleute, die gut ausgebildet sind, aber wenig verdienen.
„Ich schreibe auf, was ich sehe und spüre“, beschreibt Helmut Kuhn seine Antriebskraft als Autor. „Deshalb ist ja 26 Prozent meines Romans autobiographisch.“ Er beobachtet genau, was um ihn herum passiert. Wie ein Boxer seinen Gegner. Adrenalin und Wut kontrolliert er, um den nächsten, gut überlegten Zug zu machen. Eben wie ein erstklassiger Schachboxer.
Claudia Kursawe
Helmut Kuhn, Gehwegschäden, München 2013.
· TIPP
Chess Boxing in der Platoon Kunsthalle
9. Mai 2015, 20 Uhr
Schönhauser Allee 9
10119 Berlin
Und es ist der Kiez, in dem der Autor Helmut Kuhn lebt und trainiert. Er tänzelt mit den Beinen, schwingt die muskulösen Arme und hebt die Fäuste. Dann streicht er sich lächelnd die Haarsträhne aus dem Gesicht. Eigentlich ist er heute zum Lesen gekommen. „Gehwegschäden“ lautet der Titel seines in Collagetechnik geschriebenen Berlin Romans. Das Buch spielt in der Zeit, als die riesige, ehemalige SED- Verwaltungzentrale an der Torstraße 1 von Londoner Investoren in ein hippes Club Hotel mit Restaurants und SPA Bereich, das Soho Haus, umfunktioniert wurde. „Heuschrecken von der schlimmsten Sorte“, nennt der Romanheld die neuen Besitzer. „Das Haus hat immer denen gehört, die das Sagen hatten in Deutschland, (…) und die, die das Sagen haben, kann Frantz nicht leiden. Die sind ihm suspekt, (…). Die grenzen ihn aus. Die machen ihn wütend.“ Thomas Frantz, die Hauptfigur, ist Journalist und Schachboxer. Er heißt nicht zufällig so, denn der Autor bewundert Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz, Die Geschichte vom Franz Biberkopf“. Beiden Figuren gemeinsam ist die finanziell schwierige Lage, in der sie sich durch den Großstadtdschungel Berlin kämpfen müssen.
Sich behaupten zu müssen, kennt auch Helmut Kuhn als freier Journalist. Trotz Talent und biografischen Highlights. Er volontierte nach dem Geschichte und Publizistik Studium in New York bei der deutsch-jüdischen Zeitschrift Aufbau. Ging wieder nach Berlin und schreibt für die Süddeutsche Zeitung, die Neue Zürcher Zeitung und Die Zeit. Seit den Streichungen von Geldern in den Zeitungsverlagen breitet sich aber nicht nur in Berlin das „Medienprekariat“ aus, Fachleute, die gut ausgebildet sind, aber wenig verdienen.
„Ich schreibe auf, was ich sehe und spüre“, beschreibt Helmut Kuhn seine Antriebskraft als Autor. „Deshalb ist ja 26 Prozent meines Romans autobiographisch.“ Er beobachtet genau, was um ihn herum passiert. Wie ein Boxer seinen Gegner. Adrenalin und Wut kontrolliert er, um den nächsten, gut überlegten Zug zu machen. Eben wie ein erstklassiger Schachboxer.
Claudia Kursawe
Helmut Kuhn, Gehwegschäden, München 2013.
· TIPP
Chess Boxing in der Platoon Kunsthalle
9. Mai 2015, 20 Uhr
Schönhauser Allee 9
10119 Berlin